Minderheitsregierung

Von einer Minderheitsregierung spricht man in parlamentarischen Systemen, wenn die Fraktionen, welche die Regierung tragen, keine eigene Mehrheit im Parlament haben.

Eine solche Regierung kann beispielsweise als geschäftsführende Übergangsregierung zustande kommen, oder nach einem konstruktiven Misstrauensvotum. Auch kann eine Minderheitsregierung gewählt werden, wenn Stimmen von Abgeordneten außerhalb der Regierungsfraktion bzw. -fraktionen gewonnen werden. Der Beschluss von Gesetzen erfordert dann für die Regierung ebenfalls die Suche nach Mehrheiten gemeinsam mit anderen im Parlament vertretenen Fraktionen (oder einzelnen Abgeordneten). Die regelmäßige Unterstützung der Minderheitsregierung durch Fraktionen, die – im Gegensatz zum Modell einer Koalition – nicht selbst an ihr beteiligt sind, wird als Tolerierung oder Duldung der Regierung durch diese Fraktionen bezeichnet. Eine solche Tolerierung wird meist im Vorfeld der Regierungsbildung mit den tolerierenden Fraktionen vereinbart, um eine gewisse Stabilität sicherzustellen. Für die tolerierenden Fraktionen ergibt sich daraus faktisch ein Zwischenstatus zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktion. Auch wenn sie personell nicht an der Regierung beteiligt sind, so ist diese doch genötigt, politische Vorhaben mit ihnen abzusprechen, um eine Zustimmung einer Mehrheit im Parlament zu sichern. Entziehen die tolerierenden Fraktionen der Regierung ihre Unterstützung, so kann dies für die Minderheitsregierung politische Handlungsunfähigkeit oder in manchen Systemen auch den Sturz (z. B. durch Misstrauensvotum) bedeuten. Durch dieses Abhängigkeitsverhältnis erlangen die tolerierenden Fraktionen einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Regierungspolitik.

Diverse Studien zeigen, dass in parlamentarischen Demokratien etwa ein Drittel der Regierungen Minderheitsregierungen sind. Während Minderheitsregierungen in Mitteleuropa selten sind, sind sie in Skandinavien sowie in Kanada nicht ungewöhnlich. In Westminster-Systemen kommt es öfter zu Minderheitsregierungen, die sich auf Confidence and supply stützen. Die die Regierung tolerierenden Abgeordneten unterstützen die Exekutive dabei lediglich bei Vertrauens- und Haushaltsabstimmungen, behalten sich aber explizit vor, bei anderen Gesetzesvorlagen anders als die Regierung zu stimmen.

Eine der Minderheitsregierung ähnliche Situation kann sich ergeben, wenn Regierung und Parlament unabhängig voneinander gewählt werden. In Frankreich nennt man es Cohabitation, wenn der Präsident einer anderen Partei angehört als der Regierungschef. In den Vereinigten Staaten bezeichnet der Begriff Divided government eine Situation, in der die Partei des Präsidenten nicht die Mehrheit im Kongress hat.


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